Dienstag, 30. Dezember 2014

Halleluja Abendland


Liebe Leserinnen und Leser
Haben Sie schon gehört? Jetzt wollen diese Muslime noch die sogenannte Böller-Scharia einführen und uns verbieten, an Sylvester zu knallen, weil das unmuslimisch wäre. Eine Frechheit so was, die sollte man doch ... So weit kommt es noch, dass die uns ...

Natürlich ist diese Meldung Kappes aber ich könnte wetten, dass man damit auch noch genügend Leute auf die Bäume bringen würde, wenn man so etwas ernsthaft genug verbreitet. Was ist eigentlich los in diesem Land? Wo kommen sie alle her, diese verbalen Kreuzritter des christlichen Abendlandes, die in den Leserbriefseiten und Sozialforen ihre Meinung verbreiten und zu Tausenden auf die Straße gehen? Wo kommt plötzlich diese neue Frömmigkeit her? Da wird das Christentum verteidigt, als befänden wir uns kurz vor dem nächsten Kreuzzug – deshalb sind wohl auch die Kirchen immer so brechend voll, wie? (Die Kirchen, Frau Käßmann, nicht deren Vertreter!).

Apropos deren Vertreter. Diese Kirchen haben ja auch so leuchtende Vorbilder wie Tebarts van Elzt und Kardinal Meißner hervorgebracht, da kann man dieses Abendland und seine Traditionen durchaus lieb haben und verteidigen, nicht wahr? Ich habe den ganz leisen Verdacht, dass hinter all dem Pegida-Geschmonze und den Debatten um die angebliche Islamisierung etwas ganz anderes steckt, deshalb wird es an dieser Stelle mal wieder Zeit für eine Anti-Heuchlei-Lektion des Meckerators.

Betrachten wir doch mal nur ein „Argument“, das immer wieder von den Rettern der Nation angebracht wird. Natürlich, das Kopftuch! „Gaby, haste gehört? Die Moslems unterdrücken die Frauen ... hol mir mal ’n Bier“ So in etwa wird das kommentiert bei den so gleichberechtigten Deutschen, die es immerhin seit den 1970er Jahren geschafft haben, dass Frauen selbst ein Konto eröffnen dürfen, ohne dass der Ehemann mit unterschreiben muss. Gut, bis heute liegt der Einkommensunterschied zwischen Mann und Frau immer noch bei rund 15-20% bei gleicher Ausbildung zu Ungunsten der Frauen, aber die sind ja auch selber Schuld, wenn sie die Kinder immer noch allein bekommen wollen. Und, liebe Leserinnen und Leser, wie sieht es ansonsten mit dem Frauenbild in diesem Lande aus? Zeigen Sie mir mal einen Küchenmöbelprospekt oder eine Putzmittelwerbung, in der ein Mann das Ganze ziert. Da müssen Sie lange suchen, das verspreche ich Ihnen.

Auf Platz 2 der Scheinargumente-Charts, auch immer wieder gern gehört: „Erst wenn in der Türkei der Bau von Kirchen ...“ Als ob das diejenigen, die das immer propagieren wirklich interessierte, ob da Kirchen gebaut werden oder nicht. Die Türkei leidet derzeit unter der Regierung eines kleinen, lächerlichen und pseudodemokratischen und islamistischen Despoten, der am liebsten das osmanische Reich wiederauferstehen lassen würde. Aber daran muss man sich doch kein Beispiel nehmen. Wir sagen doch auch nicht, dass sich hier erst jeder wieder satt essen darf, wenn das in Nordkorea endlich der Fall ist.

Und wenn gar nichts mehr hilft, dann holen die christlichen Abendlandretter die Kriminalität und die Sozialkassen aus der finsteren, tiefen Vorurteilstasche heraus. Da braucht man dann auch gar nicht mit Fakten und Zahlen dagegen halten, das ist dann halt so. Wie gesagt, der Meckerator hat da so einen Verdacht, um was es wirklich geht. Es ist eine vom bürgerlich-bierseligen Dunst eingenebelte Mischung aus Konkurrenzangst, gepaart mit einer rassistisch-idiologischen Überlegenheitsgläubigkeit, die sich offenbar tief ins kollektive Bewusstsein eingegraben hat. Ein wenig zu hochgestochen meinen Sie? Dann graben Sie bei Diskussionen mit den Leuten mal ein klein wenig tiefer, dann kommt sie ganz schnell wieder hoch, die deutsche, christliche, abendländische Kultur.

Der Meckerator meint: Halleluja Abendland!
Herzlichst
Ihr Meckerator

Dienstag, 9. Dezember 2014

Reden se Deutsch!

Liebe Leserinnen und Leser,

na, auch aufgeregt über die Forderung der radikalen Fanatiker? Nein, ich meine nicht die irregeleiteten Wirrköpfe des IS oder ähnlicher Organisationen – ich meine die CSU mit ihrem Anspruch darauf, dass in Deutschland lebende Ausländer doch jetzt zuhause auch Deutsch zu sprechen hätten. Kaum war diese in einem Leitantrag der Partei der bayrischen Trachtentaliban stehende Idee öffentlich bekannt, schon hagelte es Hohn und Spott über die politischen Dumpfbacken, die doch selbst erst einmal richtig Hochdeutsch lernen sollen.

Und sofort stürzten sich auch die Medien wieder auf das populistische Ereignis, das wie immer auf der jährlichen Klausur der CSU in Wildbad-Kreuth stattfindet, bei der sich die Protagonisten dieser Partei in rechtsnationalistischen und stammtischbierseligen Parolen suhlen, als würde es kein Morgen mehr geben ... und alle lassen sich davon medial einfangen.

Es gibt doch kein schöneres Ablenkungsmittel, als voller Empörung mit der Masse auf diesen verbalen Schwachsinn von Seehofers Lederhosenclique einzuprügeln, als würde die das wirklich interessieren und als würden sie das riesige Tamm-Tamm um sie herum nicht in Wahrheit genießen, weil sie damit im Gespräch bleiben und so kostenlose Wahlkampfhilfe für diejenige Zielgruppe erhalten, die ohnehin ständig auf populistische und ausländerfeindliche Sprüche hereinfällt.

Natürlich versuchen bestimmte Trittbrettfahrer unter den „hochoffiziell empörten“ Kritikern sich mit ihren öffentlich verbreiteten Meinungen in die Herzen der Menschen zu schleimen, wie beispielsweise der semismarte CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der sogleich twitterte, dass es die Politik nichts angehen, ob man „nun Latein, Klingonisch oder Hessisch zuhause spricht“. Als ob seine eigene Partei nicht genauso in die rechte Sprüchekiste greift, wenn es gerade opportun für die Wahl ist. Sein Parteikollege Roland Koch (ehemaliger Ministerpräsident von Hessen und hauptamtlicher Kotzbrocken) ist doch abschreckendes Beispiel genug dafür.

Aber wie schon geschrieben, nichts ist besser zur Ablenkung geeignet, als ein solch aufgebauschter Medienzirkus. Da interessiert doch keinen mehr die nach wie vor armselige Flüchtlingspolitik der Bundesregierung oder die anstehenden sogenannten Freihandelsabkommen, mit denen Standards von Verbraucher- und Arbeitnehmerrechten untergepflügt werden ... oder die Tatsache, dass es in Deutschland des Jahres 2014 bereits schon wieder über 7700 rechtsextreme und ausländerfeindliche Straftaten bei insgesamt drei (!) Haftbefehlen dazu gegeben hat. Das, liebe Leserinnen und Leser, wären mal Gründe, sich öffentlich zu empören!

Aber stattdessen lassen wir uns über eine Truppe von armseligen und geltungssüchtigen Vorwahlkampf-Hasspredigern aus, die sich nicht im Geringsten davon beeindrucken lassen und sich auch nicht ändern werden, denn das gehört zu ihrem schmutzigen Geschäft.

Der Meckerator meint: ignoriert sie in Grund und Boden und sprecht zuhause die Sprache, die euch gefällt – das darf sogar auch Bayrisch sein!