Dienstag, 31. Juli 2012

Lupenrein


Liebe Leserinnen und Leser,
kennen Sie eigentlich Pussy Riot? Keine Angst, das soll jetzt keine sexuelle Anzüglichkeit werden. Das ist der in der Tat sehr zweideutige Name einer russischen Punkband, die aus drei jungen Damen besteht.

Das ist heutzutage natürlich soweit nicht mehr ungewöhnlich. Das Besondere an diesen drei Musikerinnen ist, dass sie seit Dezember letzten Jahres in „Untersuchungshaft“ sitzen. Was haben sie angestellt? Nun, sie haben es gewagt, in einer russischen Kirche ein Gebet auf punkige Art zu vertonen, in dem sie darum baten, dass Russland vor Putin verschont bleiben möge, der zu diesem Zeitpunkt gerade einen … ähem … nennen wir es Ämtertausch mit seinem Ziehsohn Dmitri Medwedew zu veranstalten gedachte und dies auch umgesetzt hat.

Der „lupenreine Demokrat“ (Zitat Gerhard Schröder) Putin hat auf das Gebet also lupenrein demokratisch geantwortet, in dem er die drei Frauen auch ins Gebet nahm und sie für den Frevel an seiner heiligen Person verhaften ließ. Unbestätigten Gerüchten zufolge hatte er vor, sich - sollte das Gebet in irgend einer Form erhört werden – selbst zum Gott auszurufen, um es dann kraft seiner Allmacht rückgängig zu machen. Bisher reicht es aber noch, sich auf die unabhängige russische Justiz zu verlassen, die unabhängig von jedweder freien Entscheidung ist.

Bis dato befinden sich die drei bösen Punkerinnen also noch in Haft und profitieren dabei sogleich von einer neuen Gesetzgebung Putins, der entsprechende Schriften, Lieder, Bilder und Texte, welche die Jugend verderben (also ihn kritisieren) insgesamt verbieten lässt. Bilder, die ihn mit freiem Oberkörper beim Lachsfang in Sibirien zeigen, gehören übrigens nicht dazu.

Und was sagen die anderen europäischen lupenreinen Demokraten, wie etwa Angela Merkel dazu, vor deren Bilder mit freiem Oberkörper beim Lachsfang uns die Götter bewahren mögen? Na, nichts sagen sie dazu. Putin soll ja auch künftig noch richtig Gas geben (im wahrsten Sinn des Wortes!) - und zwar möglichst günstig. Da stellt man Menschenrechte und demokratische Justizentscheidungen mal ruhig hinten an. Von Menschenrechten ist noch niemandem warm geworden und kochen kann man damit auch nicht.

Tja, liebe Leserinnen und Leser. So ist das halt mit den Lupenreinen. Ich suche mir jetzt übrigens eine passende Kirche und schreibe ein Gebet für die nächste Bundestagswahl …

Herzlichst
Ihr Meckerator

Sonntag, 1. Juli 2012

Verbrennt ihn


Liebe Leserinnen und Leser,
haben Sie sich auch so aufgeregt über Jogi Löv, diesen totalen Versager? Ja? Sind Sie auch der Meinung, er müsse von seinem Amt als Bundestrainer zurücktreten, weil die bundesdeutsche Nationalmannschaft nicht den Sieg errungen hat, den manche Fans bei jedem Spiel schon herbeigerufen haben (wobei der zweite Teil des Ausrufes, bestehend aus ebenfalls vier Buchstaben, nicht so deutlich zu hören war, weil er im Moment noch etwas verpönt ist!)?

Richtig, weg mit ihm, diesem Nichtskönner! Schließlich gibt es in Deutschland mindestens 40 Millionen weitere Bundestrainer, die es viel viel besser gemacht hätten – würde man nur beim DFB endlich ihr Talent erkennen und sie berufen. Was haben sich diese 40 Millionen bereits schon so oft vor den Fernsehgeräten aufgeregt, haben hineingebrüllt, dass diese überbezahlten, untalentierten jungen Bengels dort auf dem Rasen doch endlich mal laufen sollen. Gut, das eine oder andere Mal ging das etwas im Chipsgekrümel oder Biergegurgel unter – mit vollem Mund brüllt man die Nationalmannschaft halt nicht an.

Aber das ändert doch nichts an der Tatsache, dass dieser Löv endlich weg muss, weil er sich so dermaßen in seiner Spielerauswahl vergriffen hat. OK, ein paar Tage vor dem letzten Spiel gegen Italien hatte Löv die gleiche Aufstellung mit dem Drachen Poldi und Senor Gomez – und er hatte Erfolg damit, weil Tore für die deutsche Mannschaft fielen. Da war er der Held mit dem guten Bauchgefühl. Jetzt wird er landauf landab von den Medien verteufelt. Man steht kurz davor, die heilige Inquisition wieder aufleben zu lassen und ihn als Ketzer öffentlich auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen.

Allen voran natürlich mal wieder BILD, das Fachblatt für 60 Jahre gut organisierte Massenverblödung und sein derzeitiger Chefredakteur Kai Diekmann, dem singularis porcus des Journalismus. „Kann man Löv noch trauen?“, fragt das an jedem Kiosk erhältliche Massenklopapier ernsthaft. Wahrscheinlich steckt doch eine Verschwörung dahinter. Hat der Bundestrainer absichtlich verloren, weil man ihm einen Job in Griechenland angeboten hat? Haben die Spieler statt der üblichen Dopingmittel diesmal vielleicht Valium erhalten? Da waren doch auch welche dabei, die gar nicht so richtig deutsch... und die noch nicht einmal bei der Nationalhymne mitgesungen...

Fragen über Fragen, denen BILD und andere wortführende Medien in den nächsten Wochen noch nachgehen werden – um uns über die wirklich wichtigen Dinge auf dem Laufenden zu halten, während Europa und seine Menschen aufgrund des perversen Systems des Finanzmarktkapitalismus an den Rand des Chaos gedrängt werden. Aber wir müssen uns über die Leistung des Bundestrainers aufregen, weil eine andere europäische Mannschaft einfach besser war, als die deutsche.

Gruß an alle Bundestrainer
Ihr Meckerator