Donnerstag, 25. August 2011

Ach was?

Liebe Leserinnen und Leser,
ganz selten gibt es Menschen, die man als Institutionen bezeichnen könnte und die sich angenehm vom Zeitgeist abgrenzen, obwohl sie prominent sind. Einer dieser Menschen ist jetzt leider gestorben: Loriot, der große Humorist, Zeichner und Schauspieler. Dieser Mann hat mit seinem Humor und seiner Ironie, an die ich als Meckerator nicht in hundert Jahren herankomme, regelrechten Kult geschaffen.

Es gibt fast niemanden, der nicht mindestens ein Zitat aus den Sketchen aufsagen kann. Doch woran liegt das eigentlich, dass diese Sketche noch immer gern gesehen werden, obwohl sie teilweise über 35 Jahre alt sind und so gar nichts mehr mit dem heutigen, Brechreiz erzeugenden Krawall-Fernsehhumor a’ la Cindy aus Marzahn, Quatsch Comedy Club etc. zu tun haben, dessen Niveau sich etwa 10 Meter unterhalb der Grasnarbe befindet?

Hat es was damit zu tun, dass Loriot bereits damals die typischen leeren Politikerfloskeln („Im liberalen Sinne bedeutet liberal nicht nur liberal“) entlarvte? Oder er darstellte, wie schnell aus den aufgesetzten höflichen Umgangsformen der spießigen Gesellschaft schnell vulgäre Verbalattacken („Jodelschnepfe, Winselstute“) werden können. Oder schlicht die Tatsache, dass er sich selbst und seine manchmal übertriebene Perfektionssucht mit dem etliche Male hin und hertransportierten Klavier der Mutter aus Massachusetts auf die Schippe nahm.

Vielleicht ist es auch einfach nur deshalb so, weil wir uns selbst in den Figuren und den alltäglichen abstrusen Situationen wiedererkennen. Wer hat es nicht schon erlebt, dass einem jemand seine ganze elendig langweilige Lebensgeschichte erzählt, während dieser Jemand Streichhölzer sucht und einfach nicht fündig wird. Wer hat sich nicht schon der Tücke des Objektes ausgesetzt gefühlt und eine Roulade mit endloser Schnur ausgewickelt oder versucht ein Gespräch anzufangen und ist dabei völlig ignoriert worden. Kurz, Loriot war ein Mensch mit Beobachtungsgabe, der uns den Spiegel vor das Gesicht gehalten und dabei immer etwas zum Schlapplachen entdeckt hat. Er wird uns fehlen und deshalb rufen wir ihm zum Abschied ein banales und desinteressiertes „Ach was?“ zu.

Herzlichst
Ihr Meckerator

Donnerstag, 4. August 2011

Yes, we can...


Liebe Leserinnen und Leser,
endlich ist sie abgewehrt, die Schuldenfalle der USA, die uns alle in den Abgrund gerissen hätte, wenn man denn den Auguren der Wirtschaftspresse glaubt. Die beiden herrschenden Parteien Republikaner und Demokraten haben sich „um fünf vor 12“ nach einer monatelangen Schlammschlacht und Zitterpartie doch noch geeinigt, hieß es.

Doch um was ging es da eigentlich? Hat man endlich den Weltfrieden besiegelt, den Hunger endgültig beseitigt, den Klimawandel verhindert oder – noch wichtiger – gar „Deutschland sucht den Superstar“ verboten? Nein, liebe Leserinnen und Leser, man hat die Schuldengrenze nach oben gedreht. Die USA dürfen weitere Kredite aufneh-men, die sie höchstwahrscheinlich niemals zurückzahlen können – genau wie in Griechenland, nur viel viel schlimmer. Es geht um einige Billiönchen Dollar, das sind einige Billiönchen Euro, so genau will das eigentlich gar keiner wissen. Aber jetzt kann Präsident Obama wieder sagen: „Yes, we can – weiter Schulden machen!“

Die Ursache dieser Misere ist seit Jahren ein vollkommen überzogener Haushalt mit einem wachsenden Militäretat, damit der Weltpolizist USA weiterhin überall drauf-hauen kann, wo es ihm gerade richtig erscheint. Im Gegensatz dazu gibt es im Land der grenzenlosen Unmöglichkeiten jedoch nicht genügend Einnahmen durch Steuern, weil viele nicht genug verdienen, um ausreichend zu zahlen und einige wenige nicht ausreichend zahlen, obwohl sie gut verdienen. Aber Letztgenannte haben ja auch eine besondere Schutzmacht bei den konservativen Republikanern hinter sich: die sogenannte Tea Party Gruppe – mit solch strahlenden, geistigen Führungsidolen wie Sarah Palin, die ohne Navigationsgerät nicht einmal in ihr Badezimmer finden würde – geschweige denn, dass sie die Auswirkungen ihrer Politik auch nur im Geringsten verstünde.

Die Anhebung der Schulden wird nun also durch Sparmaßnahmen bei den ohnehin lächerlichen Sozialleistungen finanziert, jedoch nicht mit Steuererhebungen bei den reichen Amerikanern – kommt einem irgendwie alles bekannt vor, nicht wahr? Und wie ist nun die Reaktion z.B. bei unserer Kanzlerin – also die, welche den Griechen zuerst vorwarf, sie würden zu lange Urlaub machen und zu wenig arbeiten? Hat sie die Amerikaner nun auch so gescholten? Nö, brauchte sie ja auch nicht, denn die kommen von ganz allein auf das Rezept, auf das offensichtlich alle Regierungen in der Krise noch immer setzen: „Wenn jemand keine Luft mehr bekommt, dann nimm einen Strick und würg ihn ordentlich, dann wird es bestimmt besser“.
Herzlichst
Ihr Meckerator