Montag, 25. Juli 2011

Sprachlos


Liebe Leserinnen und Leser,
Hungersnot in Afrika, rechter Terrorwahnsinn in Norwegen, Erdbeben und Atomkatastrophe in Japan, drohender Finanzkollaps in den USA und Europa, Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, Unterdrückung, Folter, Mord und Totschlag im Rest der Welt... sie merken schon, ich möchte sie etwas aufmuntern und gute Laune verbreiten.

Doch im Ernst, all diese Themen sind nicht gerade geeignet, sich ihnen satirisch zu nähern, obwohl es immer heißt: Satire darf alles. Doch derzeit ist man selbst als hauptamtlicher Meckerator angesichts der täglichen furchtbaren Meldungen fast sprachlos. Und das zu einer Jahreszeit, in der ansonsten in den Zeitungen immer über außerirdische Kornkreisjunkys und die Menstruationsprobleme von Nessie geschrieben wird.

Aber freuen wir uns doch lieber auf die allabendlichen Polit-Talkshows, in denen die beschriebenen Dinge dann endlich von Experten aufgearbeitet und uns erklärt werden. Freuen wir uns auf Peter Scholl-Latur, der immer so aussieht, als sei er gerade einem gefüllten 18-jährigen Whiskeyfass entstiegen, um uns seine Ansichten über den Terror, den Islam und seine Socken darzustellen. Freuen wir uns auf die beiden dauerreanimierten Sprechkonserven der CDU, Norbert Blüm und Heiner Geisler, die zu allem etwas zu sagen haben, ob nun Rente, Sozialpolitik, Finanzmarkt oder der jüngste Facebookeintrag von Erna Piepenbrink aus Kleinbuxtehude. Oder auf Hans-Werner Sinn, dem neoliberalen Heckenschützenprofessor aus dem IFO-Institut München mit dem Meister Nadelöhr-Bart, der solch schöne Sätze sagt wie: „Die Arbeitnehmer ziehen es vor, sich in die soziale Hängematte zu legen, anstatt sich der Konkurrenz der Billiglöhner zu stellen“.

Toll ist es auch immer wieder, die ganzen Wachsfiguren aus dem Gruselkabinett der Politik, wie etwa Horst Seehofer, Peer Steinbrück, Joschka Fischer und ab und zu sogar Gerhard Schröder – oder ganz schlimm – Helmut Kohl wiederzusehen und zu den neusten tagesaktuellen Problemen etwas sagen zu hören, zu denen sie genau so viele Antworten haben, wie früher: nämlich gar keine! Aber in der „tiefen Betroffenheit“, der „großen Empörung“, dem „Mitgefühl mit den Opfern“, der Erkenntnis, „dass jetzt endlich gehandelt werden muss“ und weiteren derartigen Floskeln sind sie alle stets bewandert. Und wenn dann die Schlagzeilen der Katastrophe, des Anschlags, des Aufstandes etc. nach einiger Zeit aus den Medien verschwinden, dann wird wieder weitergemacht, wie bisher. Dann werden wieder neue Atomkraftwerke gebaut, Öl in Schiffsruinen über den Erdball transportiert, der Sozialstaat weiter zerstört, „nützliche“ Diktaturen hofiert, Waffen in alle Welt verkauft, die Meere ausgeplündert, überhöhte Renditeziele ausgegeben, Nahrungsmittel verseucht, der Regenwald gerodet, Sparorgien angezettelt und geschwafelt und geschwafelt und geschwafelt...

Ich bin sprachlos!
Herzlichst,
Ihr Meckerator