Sonntag, 24. November 2013

Bleiben Sie wütend

Liebe Leserinnen und Leser,
interessieren Sie Sich eigentlich noch für das politische Tagesgeschehen? Ja? Dann gehören Sie inzwischen ja fast zu einer erstaunlich leidenfähigen Minderheit, meine Hochachtung. Werden wir doch beinahe täglich mit den Randerscheinungen unseres Demokratietheaters bombardiert, wie man z.B. an den sogenannten Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen in Berlin anschaulich verdeutlichen kann. Die selben Protagonisten der immer gleichen jahrzehntelangen Politik sitzen wieder einmal beisammen und vereinbaren erneut das, was im Grunde schon längst zu einer postdemokratischen, alles über sich ergehen lassenden Gesellschaft geführt hat – streng beäugt durch ihre wahren Herrschaften, die bei jeder kleinsten Veränderung zu Gunsten der so Beherrschten erzürnt aufheulen und den Untergang des Abendlandes oder wahlweise der Wettbewerbsfähigkeit (was aus ihrer Sicht das Gleiche ist) herbeilamentieren und mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen drohen.

Da wird ein Betrag von 8,50 € künstlich hochgeschaukelt und als Beweis der sozialen Verantwortung gewisser Parteipatriarchen dargestellt, als ob dadurch nun das Paradies der Arbeit entstehen würde und es eigentlich nicht eine Schande für ein so reiches Land ist, dass man es überhaupt nötig hat, gesetzlich eine Untergrenze für die allertiefste Lebensgrundlage der arbeitenden Bevölkerung schaffen zu müssen, damit die davon Betroffenen nicht völlig aus dem Karussell des kapitalistischen Systems geworfen werden, während eine kleine Elite hier im Land immer fetter wird und vor lauter Kapital nicht mehr weiß, wohin damit – aber Steuererhöhungen für diese Klientel zur Finanzierung unseres gemeinsamen gesellschaftlichen Lebens, das kommt überhaupt nicht in Frage.

Da wird mit der Autobahnmaut (nur für Ausländer!) ein Thema für einen polternden, bierseligen bayrischen Phrasendreschkönig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gewuchtet, nur damit der mit einem derartigen Pyrrhussieg die Lufthoheit der Stammtische zurückerobert und er sich im Zwielicht seiner politischen Ausrichtung sonnen und ein Denkmal setzen kann, welches seiner egomanischen und selbstverliebten Klasse nur zu gerecht wird.

Da wird das Menschenrecht auf Privatsphäre seit Jahren mit Füssen von allen möglichen Schnüffelbanden aus den angeblich so demokratischen Bruderstaaten getreten und unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung missbraucht, wobei es einen Aufschrei der Medien nur dann gibt, wenn es der Auflagesteigerung dient und die Kanzlerin gerade betroffen ist, man die gekünstelte Empörung wie einen Hundehaufen auf der Straße mit den Stiefeln der opportunistischen Meinungsmache darüber breittritt, während doch immer deutlicher wird, dass auch hierzulande die selbe Praxis der sogenannten Geheimdienste tagtäglich gelebt wird, um seine Bürger, denen man offensichtlich nicht so weit traut, wie man dort spucken kann, kontrollieren zu können.

Und wir? Wir dienen ja noch nicht einmal mehr als Wutbürger – wobei ich diesen Begriff auch überhaupt nicht mag, weil er nichts anderes ist, als die speichelleckende Anbiederung der Medien an diejenigen, deren Zorn sie eigentlich fürchten, wenn diese doch einmal begreifen würden, wie sehr sie jeden Tag an dem eisernen Ring der Verblödung und Ablenkung durch die Manege des Lebens geführt werden.

Ein Großteil von uns hat inzwischen angesichts seiner persönlichen und sozialen Situation resigniert, wird auch absichtlich beiseite geschoben und durch RTL, SAT 1 und Konsorten mit lächerlichen Kochsendungen, angeblichen Lebenshilfegurus und den banalen Lebensgeschichten von proletenhaften Millionärsfamilien, rosafarbenen, übergewichtigen Strampelanzugträgerinnen und ganze Stadien füllende Schwafelbarden aus Berlin und Mannheim auf dem Niveau gehalten, das man in den oberen Sozialetagen für sie bestimmt hat.

Das, liebe Leserinnen und Leser, ist mein Fazit aus den Beobachtungen des politischen Geschehens hierzulande und sie sollen gegen Ende des Jahres hier ruhig wieder zur Sprache kommen – und zwar voller Wut, wie Sie merken, damit einem diese nicht im Hals stecken bleibt angesichts der Dreistigkeit, mit welcher die politische und wirtschaftselitäre Klasse dieses Land zurechtverformt.

Es gibt nur einen Rat, um damit umgehen zu können: bleiben sie wütend!

Herzlichst
Ihr Meckerator