Mittwoch, 20. Juli 2016

Erwachet

Liebe Leserinnen und Leser,
kennen Sie diese Zeugen Jehovas, die immer in den Fußgängerzonen mit ihren Wachtürmen stehen und auf das Ende der Welt warten? Sie werden es nicht glauben, aber mir geht es derzeit genauso. Nicht dass ich das Ende der Welt herbeisehe – das kommt schon von ganz allein, wenn wir so weitermachen – aber ich komme mir auch so vor, wie diese Leute. Ich schreibe mit Satire gegen den Wahnsinn der Welt an aber alle gehen vorbei und keiner nimmt Notiz; genau wie bei den Zeugen Jehovas.

Blicken wir doch nur einen kleinen Moment auf die derzeitige Weltlage: in den USA wird gerade ein durch Immobiliengeschäfte reich gewordener, machtgeiler Spinner mit alberner Frisur und noch alberneren Ansichten zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt. Seine Frau, ein in Slowenien von wahnsinnigen Wissenschaftlern erschaffenes Genexperiment, verklärt ihn bei der Nominierungskonferenz in einer von Michelle Obama abgeschriebenen Rede zum Superhelden. Derweil will er Amerika endlich wieder groß machen, was immer er darunter auch versteht. Vielleicht wurde Donald Trump aber auch einfach nur falsch übersetzt und er wollte in Amerika endlich wieder mal Groß machen, was seinem Charakter wohl eher entspräche.

Die Alternative der Demokraten, Ex First Lady Hillary Clinton, lügt schon, bevor sie überhaupt den Mund aufmacht und hat offenbar ein sehr lockeres Verhältnis zu der Unterscheidung von dienstlichen und privaten E-Mails. Zudem gilt sie als Liebling der Börsenspekulanten und gehört zu Amerikas reicher Erbenelite, also genau das, was die von schlechten sozialen Bedingungen und Arbeitslosigkeit gebeutelten Amerikaner im Endstadium des Kapitalismus jetzt brauchen. Nur einen Praktikanten hat sie noch nicht verführt, aber das kann ja noch kommen.

In Kleinbritannien haben die Träume von der einstigen kolonialen Großmacht wieder Hochkonjunktur und der Ausstieg der eigenartigen Linksfahrer mit schlechter Essenskultur aus der EU scheint ausgemachte Sache zu sein. Und wen macht man dort zum Außenminister? Richtig, Boris Johnson, einen machtgeilen Spinner mit alberner Frisur, von dem es keine Bilder mit halbwegs normalem Gesichtsausdruck zu geben scheint. Erst zettelt er den Brexit an, dann verpieselt er sich, als es ans Verantwortung übernehmen geht und jetzt taucht er wieder auf, um einen lukrativen Ministerposten einzunehmen, bei dem er seinen britischen Humor, den er Politik nennt, endlich in die ganze Welt tragen kann.

In der Türkei beseitigt ein machtgeiler Spinner ohne Frisur nach einem mehr als seltsam abgelaufenen Putschversuch von Teilen des Militärs gleich am nächsten Tag seine Gegner, indem er alle, die ihm nicht umgehend die Füße küssen und ihn als zumindest Halbgott verehren, zu Terroristen erklärt. Dabei kann er sich offensichtlich auf ganz, ganz fixe Schnellschreiber verlassen, die noch in der Nacht des Putsches Listen mit allen Bösewichten erstellten, so dass der Herr Präsident sogleich mit der Säuberung beginnen konnte.

Ich habe bei all diesem Wahnsinn eigentlich die ganze Zeit immer die Hoffnung gehabt, dass das alles gar nicht real, sondern nur eine Inszenierung der Monty Python-Truppe als Werbung für einen neuen Film oder so was. Dass sie uns irgendwann lachend erklären, dass diese Typen doch in Wahrheit alles nur Politikschauspieler seien, die doch niemals Verantwortung für ein Land übernehmen könnten. Ach wäre das schön …

Doch dann wachte ich wieder auf und warf einen kurzen Blick auf unsere eigenen Politiker und sah einen Wurzelgnom mit verhärmten Gesicht auf der Berliner Politbühne ständig hin und her rollen und hörte ihn immer „schwarze Null, schwarze Null“ und „keine Schulden, damit isch over“ rufen. Ich sah eine blonde Matrone mit Drei-Wetter-Taft-Helmfrisur und einer Gesichtslähmung in Form eines werbemütterlichen Dauergrinsens, die davon schwafelte, dass die Bundeswehr sich an noch mehr Krisensituationen beteiligen müsse, weil alle Welt das angeblich von Deutschland erwartete. Ich sah einen immer fülliger werdenden Politmops, der ständig von sozialdemokratischen Werten sprach, aber andauernd genau das Gegenteil davon tat und immer mehr Waffenlieferungen in alle Welt genehmigte, aber dabei darauf verwies, dass er das gar nicht wolle, sondern seine Vorgänger das noch entschieden hätten. Ich sah, dass das Bildungssystem und die Parteienlandschaft solche politischen Naturkatastrophen wie Markus Söder oder Horst Seehofer nicht verhindern konnten und ich sah einen deutschen EU-Kommissar, der immer, wenn er sprach – vor allem, wenn er dies auf Englisch versuchte – so klang, als hätte er das Brauereiprodukt mit selben Namen in zu großen Mengen zu sich genommen.

Das alles sah ich und warnte dauernd davor, denn all diese Missgriffe der politischen Verantwortung haben im Grunde wir durch unser Wahlverhalten zu verantworten. Was glauben wir im Ernst, soll dabei herauskommen für die Welt, wenn wir solchen Leuten die Entscheidungshoheit über uns geben und ihnen freie Hand lassen? Was soll dabei herauskommen, wenn wir uns wieder auf Nationalismus, Hass, Feindschaft und Entsolidarisierung einlassen? Genügend schlechte Beispiele davon, was dabei entsteht, haben wir in der Geschichte als Anschauungsmaterial. Werfen wir Menschen mal alle einen Blick drauf, vielleicht hilft das.

Der Meckerator meint: ERWACHET!