Samstag, 25. Februar 2012
Todsichere Anlage
Liebe Leserinnen und Leser,
wundern Sie sich manchmal auch über seltsame Zeitungsmeldungen? So wie diese hier aus der Süddeutschen Zeitung: „Deutsche Bank beendet Todeswette“. Und Sie wundern sich wirklich noch über derartige Schlagzeilen? Ich inzwischen nicht mehr!
Doch um was genau geht es dabei eigentlich? Die Deutsche Bank hat einen Investmentfonds eingestellt, der da mit dem schön harmlos klingenden Namen „db live kompass 3“ daherkommt. Dahinter steckt eine Investition – eigentlich eher eine Wette auf die Lebensversicherungen einer Gruppe von 500 sogenannter Referenzpersonen, die in den USA leben. Das ist bis hier noch nicht weiter schlimm, denkt man. Übel wird es wenn man erfährt, dass die Rendite dieses Fonds desto höher wird, je eher diese Referenzpersonen sterben. Eine Wette auf Leben und (möglichst frühem) Tod also, darum geht es. Und wer steckt da seine offensichtlich überflüssige Kohle, die eigentlich zwangsenteignet werden müsste hinein? Rund 10.000 Leute, hauptsächlich aus Deutschland, die in etwa 200 Millionen Euro auf Menschenleben verzocken.
Der Meckerator fragt an dieser Stelle: kann es eigentlich noch ein wenig perverser in diesem System des Finanzmarktkapitalismus gehen? Ja, da geht doch immer noch was. Wie wäre es, wenn die Deutsche Bank demnächst Finanz“produkte“ auf die Frühsterblichkeit von Kindern in der Sahelzone oder in Bangladesh anbietet – eine todsichere Sache sozusagen. Wenn man zudem weiterhin die Preise für Nahrungsmittel und Getreide durch Spekulationen nach oben treibt und damit Hungerkatastrophen erzeugt, hat man auch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, das ist doch praktisch! Oder man mietet ein paar Killer aus dem organisierten Verbrechen (also dem außerhalb der Bank) an und hilft der Renditesteigerung damit ein wenig nach. Und wenn die Auftragsmörder versagen, kann man immer noch eine „Mordausfallversicherung“ oder Ähnliches abschließen, um die Verluste damit aufzufangen. Den findigen Finanzmanagern fällt bestimmt etwas dazu ein.
Ach, was sind Kapitalismus und dieser Finanzmarkt doch spannend und aufregend. Für das soziale Gewissen können sich die Manager der Deutschen Bank dann ja wieder bei einer offiziellen Feier dafür huldigen lassen, dass irgend ein Theatergebäude oder ein Museum von ihnen gesponsert wurde. Gut, nun haben sie diesen Fonds aufgrund des öffentlichen Drucks und des Ansehens (was immer sie damit meinen) zurückgezogen und zwar verlustfrei für die Anleger.
Der Meckerator meint: aus Scheiße Geld machen ist die eine Sache; wenn Scheiße versucht, aus Menschen Geld zu machen ist die Grenze erreicht!
Herzlichst
Ihr Meckerator
Samstag, 11. Februar 2012
Marktkonform
Liebe Leserinnen und Leser,
muss es denn immer die große Politik sein, über die man sich als Meckertor aufregt? Ich sage nein, es geht auch manchmal im Kleinen. Jüngst las ich nämlich in einer Lokalzeitung die Meldung, dass die Klinikgesellschaft, die sich in meiner Heimatstadt das ehemalige städtische Krankenhaus unter den Nagel... ähem, die sich hier im Gesundheitswesen etabliert hat, im vergangenen Jahr wieder gute Gewinne gemacht hätte. Besagte Gesellschaft wäre „erfolgreich auf dem Krankenhausmarkt“, war in dem Artikel in der typischen Wirtschaftsschmonzsyntax zu lesen.
Sehr schön, dachte ich. „Krankenhausmarkt“, was für eine wundervolle Bezeichnung. Da bekommt man doch regelrecht Lust, sich als Medizinkonsument umgehend zu beteiligen. Wir sind also künftig nicht mehr Patienten, sondern Marktteilnehmer – das hört sich doch gleich viel angenehmer an. Wenn Sie also demnächst an Krebs erkranken oder einen Schlaganfall erleiden, ist das nicht mehr eine schwere, sondern eine gewinnorientierte Erkrankung, weil man dabei ordentlich was rausholen kann - also nicht nur den Tumor, sondern auch im übertragenden Sinn; sofern Sie nicht zu diesen armseligen Kassenpatienten der AOK gehören.
Überhaupt sollte man dann auch noch viel mehr auf Werbung setzen. Es lockert die Atmosphäre während der Chefarztvisite doch ordentlich auf, wenn der plötzlich ausruft: „Unsere Ärzte und Schwestern werden ausgestattet vom Sanitätshaus Müller!“ Und was ist da Platz auf den weißen Kitteln der Halbgötter. „Unsere Skalpellklingen stammen aus Solingen“, auf dem Kragen des Chirurgen oder „Siemens Nixdorf Geräte, wir schauen mal wieder rein“, bei der Darmspiegelung. Es dürfen auf dem freien Markt einfach keine Denkgrenzen gesetzt werden.
Vielleicht kann auch der eine oder andere Pharmavertreter in den langen personalmangelbedingten Pausen zwischen den Pflegeeinsätzen der Schwestern mal in den Zimmern vorbeischauen und Werbung machen, damit sich die vielen älteren Patienten nicht so sehr langweilen, während sie in ihrer eigenen Scheiße liegen. „Künftig nur noch aus der Schnabeltasse essen? Da gibt es doch was von Schmatziopharm...“
Die vielen Krankenhauskeime, die oftmals aufgrund der zu Billigfirmen ausgelagerten Hygieneabteilungen in den Kliniken entstehen, würde ich als Verwaltungschef als Klinikmaskottchen patentieren lassen. „Unsere SARS-Keime sind zu 100% biologisch hergestellt, da weiß man, was man hat!“
Ja, liebe Leserinnen und Leser, es geht immer noch was auf dem Sektor der Privatisierungen von gesellschaftlich relevanten Diensten – Hauptsache der Rubel rollt und wir machen das alles schön brav mit!
Herzlichst
Ihr Meckerator
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