Samstag, 11. Februar 2012

Marktkonform


Liebe Leserinnen und Leser,

muss es denn immer die große Politik sein, über die man sich als Meckertor aufregt? Ich sage nein, es geht auch manchmal im Kleinen. Jüngst las ich nämlich in einer Lokalzeitung die Meldung, dass die Klinikgesellschaft, die sich in meiner Heimatstadt das ehemalige städtische Krankenhaus unter den Nagel... ähem, die sich hier im Gesundheitswesen etabliert hat, im vergangenen Jahr wieder gute Gewinne gemacht hätte. Besagte Gesellschaft wäre „erfolgreich auf dem Krankenhausmarkt“, war in dem Artikel in der typischen Wirtschaftsschmonzsyntax zu lesen.

Sehr schön, dachte ich. „Krankenhausmarkt“, was für eine wundervolle Bezeichnung. Da bekommt man doch regelrecht Lust, sich als Medizinkonsument umgehend zu beteiligen. Wir sind also künftig nicht mehr Patienten, sondern Marktteilnehmer – das hört sich doch gleich viel angenehmer an. Wenn Sie also demnächst an Krebs erkranken oder einen Schlaganfall erleiden, ist das nicht mehr eine schwere, sondern eine gewinnorientierte Erkrankung, weil man dabei ordentlich was rausholen kann - also nicht nur den Tumor, sondern auch im übertragenden Sinn; sofern Sie nicht zu diesen armseligen Kassenpatienten der AOK gehören.

Überhaupt sollte man dann auch noch viel mehr auf Werbung setzen. Es lockert die Atmosphäre während der Chefarztvisite doch ordentlich auf, wenn der plötzlich ausruft: „Unsere Ärzte und Schwestern werden ausgestattet vom Sanitätshaus Müller!“ Und was ist da Platz auf den weißen Kitteln der Halbgötter. „Unsere Skalpellklingen stammen aus Solingen“, auf dem Kragen des Chirurgen oder „Siemens Nixdorf Geräte, wir schauen mal wieder rein“, bei der Darmspiegelung. Es dürfen auf dem freien Markt einfach keine Denkgrenzen gesetzt werden.

Vielleicht kann auch der eine oder andere Pharmavertreter in den langen personalmangelbedingten Pausen zwischen den Pflegeeinsätzen der Schwestern mal in den Zimmern vorbeischauen und Werbung machen, damit sich die vielen älteren Patienten nicht so sehr langweilen, während sie in ihrer eigenen Scheiße liegen. „Künftig nur noch aus der Schnabeltasse essen? Da gibt es doch was von Schmatziopharm...“

Die vielen Krankenhauskeime, die oftmals aufgrund der zu Billigfirmen ausgelagerten Hygieneabteilungen in den Kliniken entstehen, würde ich als Verwaltungschef als Klinikmaskottchen patentieren lassen. „Unsere SARS-Keime sind zu 100% biologisch hergestellt, da weiß man, was man hat!“

Ja, liebe Leserinnen und Leser, es geht immer noch was auf dem Sektor der Privatisierungen von gesellschaftlich relevanten Diensten – Hauptsache der Rubel rollt und wir machen das alles schön brav mit!

Herzlichst
Ihr Meckerator

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